Heute ist der Tag der Geburt meines Vaters …
- Helen Plass
- 17. Apr. 2020
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 17. Apr. 2023
17. April 1939 ein Montag
An diesem Tag kam er zur Welt … mit den Füßen zuerst … eine Qual für alle an der Geburt Beteiligten.
Er machte an diesem Tag schon sehr deutlich, dass er mit beiden Beinen in der Welt stehen wollte, mit den Füßen vorwärts gehen, doch die Zeiten in denen er geboren wurde, ließen so einiges davon nicht zu.
Emotionale Erfahrungen und Entbehrungen machten aus ihm einen Menschen, der im Herzen so viel Freude trug und zu geben hatte, doch die Verbindung zur Erde erreichte er nicht. Er trug so schwer und konnte seinem Kummer keinen Raum geben.
So behielt er diesen Raum in sich allein und füllte ihn mit seinen eigenen Tränen, so dass sie nicht nach Außen mussten.
Ich erinnere mich noch sehr gut daran, dass früher gesagt wurde „Schnieders Kinder weinen nicht“ …
Wie sollten sie denn dann ihre Gefühle rauslassen? Nicht mit Weinen, aber auch nicht mit Sprechen darüber. War es hier nicht logisch, dass der Jährzorn in regelmäßigen Abständen aus der Ecke kam und mit voller Wucht sein Umfeld einfach nur noch zerstören wollte?
Eine Mutter, die mit ihrem eigenen Kummer überfordert war. Einen Vater, der sich ebenfalls im Leben verlor. Beide geprägt von Kriegszeiten und einer alten, strengen Erziehung, die keine Freiheit zuließ.
Alles im Widerstand und nichts in den Fluss bringend. So muss ein Leben stagnieren. So muss ein „Magen“ vollgestopft sein mit heruntergeschluckten Gefühlen und Träumen. So voll, dass er aus den Nähten platzt und einfach reißt. Eine körperliche Aktion im Außen, die einfach schlicht nur das Innenleben spiegelt.
Vorher all die Jahre nur geschluckt und wenn´s zu trocken war, wurde ein Schluck genommen, damit es besser rutschte. Das machte dann ein sattes Gefühl im Bauch und die Stimme des Herzens wurde übertönt, weil mit vollem Bauch, berauschtem Kopf, eine Müdigkeit überkommend, der Trost im Schlafe gesucht war.

Schon mit 60 Jahren bist du von uns gegangen. Ein Alter, welches ich als dein Kind bald erreiche.
Ich vermisse dich … meinen Vater … den Menschen, der mir dabei half auf diese Welt kommen zu dürfen und mich selbst in ihr zu finden.
Danke an dich … Danke für deine Liebe, die du mir auf vielfältige Art und Weise zeigtest
In Liebe
Deine Leni …
HEUTE bin ich 60 ... fühle mich ebenfalls im Leben gefangen ... und doch geht es weiter, da ich weiss, dass es meiner eigenen Verantwortung unterliegt es zu nehmen ... mit all seinen Wellen.
Danke für mein Leben ... Danke für meine Stärke ... Danke für meine Liebe
Danke für diese Zeilen. Sie erinnern mich an meinen eigenen Vater, geboren in der gleichen Zeit. Er ist im Land des Vergessens, selbst gewählt, weil das was er erlebt hat, nicht begreifen, vearbeiten geschweige denn Gefühle umwandeln kann. Ich, mich selbst als hochsensibel bezeichnend habe viele parallelen zwischen uns erkannt. Seine Lebzeit war für sowas nicht geschaffen. Leztes Jahr ist seine Frau gestorben, er hat es vergessen, aber tief in ihm drin , weiß er es und nun frisst es ihn von innen auf. Er hatte kein einfaches Leben, wir als Familie auch nicht, aber jetzt kann ich ihm endlich in Liebe und Dankbarkeit entgegentreten, für das was er mir alles mit auf den Weg gegeben hat. Während ich das schrei…